Haltestellen für Mensch und Natur
Wenn es um Umweltschutz und Lebensqualität geht, denkt Utrecht groß: Die viertgrößte Stadt der Niederlande und Hauptstadt der gleichnamigen Provinz hat sich vorgenommen, zur gesündesten Region Europas zu werden. Neben dem größten Fahrradparkhaus der Welt verfügt die 350.000 Einwohner zählende Universitätsstadt jetzt auch über begrünte, umweltfreundliche Bushaltestellen. Eine Idee, die auch hierzulande auf wachsendes Interesse stößt.
491 „Bushokjes” zählt Utrecht aktuell, davon sind 316 bereits mit robusten Sedumpflanzen begrünt. Die „grünen“ Haltestellen verändern das Utrechter Stadtbild, kommunizieren das kommunale Umweltbewusstsein und bieten zahlreiche Vorteile, die zu einem gesunden Lebensumfeld beitragen sollen: Gründächer helfen bei der Abscheidung von Feinstaub, können Regenwasser speichern und für Kühlung an warmen Tagen und Nächten sorgen. In Utrecht sollen sie auch die Biodiversität in der Stadt verbessern, als geschützter Lebensraum für Bienen und andere Insekten. Errichtet und verwaltet werden die Bushaltestellen von einem Privatunternehmen, das sich auch gleich um die Versorgung der Pflanzen kümmert. 96 Haltestellen verfügen zusätzlich über Solarmodule mit energiesparender LED-Beleuchtung und Sitzen aus Bambus. Die Wartung erfolgt mit Elektrotransportern. Derzeit prüft die Stadt, ob sich Solarmodule und Dachbegrünung miteinander kombinieren lassen. Sollte das der Fall sein, würden die restlichen Haltestellen ebenfalls begrünt werden.
Populäre Idee
Der Bundesverband GebäudeGrün e.V. (BuGG) sieht in der Begrünung der Utrechter Bushaltestellen ein „beispielhaftes städtisches Engagement für mehr Nachhaltigkeit“ und ruft zur Nachahmung auf, die er mit IT-gestützten Potenzialanalysen unterstützen möchte. Wie der Blick ins Netz zeigt, rennt er damit bei vielen deutschen Kommunen offene Türen ein: Als eine der ersten deutschen Großstädte bekommt Leipzig ab diesem Sommer eine neue ökologische Stadtmöblierung mit über 400 Bushaltestellen mit einer Dachbegrünung. Osnabrück, Arnsberg, Langenfeld oder Aachen – vielerorts wird der Wunsch nach Grün auf Haltestellen laut.
Förderung möglich
Wer auch immer sich kommunalpolitisch für grüne Haltestellen einsetzt, kann mit öffentlicher Förderung rechnen. „Die Begrünung von Bushaltestellen ist zum einen im Zuge eines barrierefreien Ausbaus von (Stadt-, Straßenbahn- und Bus-) Haltestellen nach § 13 Abs. 1 Nr. 5 ÖPNVG NRW im Rahmen einer gewissen Kostengrenze möglich”, teilt das Landesverkehrsministerium mit. Auch bestehe die Möglichkeit einer Förderung nach § 12 ÖPNVG NRW. Kommunen können entsprechende Anträge bei den zuständigen Zweckverbänden stellen.
Praktikable Lösung
Pflanzen, vor allem aber Erde und Wasser und vielleicht noch Schnee wiegen etwas, und eine Wartehalle muss dieses Gewicht sicher tragen. Im rheinländischen Monheim warf der Wunsch nach begrünten Haltestellen laut einem NRZ-Bericht deshalb die Frage nach einer möglichen Beeinträchtigung der Statik auf.
Auf der sicheren Seite sind Kommunen und Verkehrsbetriebe mit Überdachungen, die dafür gerüstet sind. Wartehallen des Typs Köln von WSM zum Beispiel – sie verfügen über eine vorab geprüfte Typenstatik und gewährleisten, abhängig von der Schneelastzone des Aufstellortes eine ausreichende Traglast. 98 Prozent der deutschen Aufstellorte kommen hierfür infrage. Auf Wunsch liefert WSM ein spezielles Gründach-Modell gleich mit passendem Pflanzgut und Pflegehinweisen aus. Auf die neuen Haltestellen für Mensch und Natur muss man also nicht mehr lange warten – sie stehen bereits vor der Tür.