Alles im Lack
Seit 2009 wendet WSM eine innovative Lackiertechnologie an, die neue Standards bei Umweltschutz und Qualität setzt. Durch den Einsatz von Trockeneis für die Vorreinigung lassen sich herstellungsbedingte Verunreinigungen umweltschonend und ohne toxische Abfälle beseitigen. Die anschließende Grundierung und Nasslackierung mit einem High Solid-Industrielack ist emissionsarm und erzielt bei Abriebfestigkeit und Korrosionsbeständigkeit C3 m-Qualität als Standard. Doch was passiert dabei genau?
Zuerst werden die geschweißten Stahlkonstruktionen bei Bedarf mit einem Zinkspray geschützt, das an empfindlichen Stellen wie etwa Schweißnähten aufgetragen wird. Dadurch ist eine vorübergehende Lagerung auch unter freiem Himmel möglich, ohne dass Korrosionsschäden eintreten. Wenn die kapazitätsbedingte Lagerzeit vorüber ist, kommen die zu lackierenden Metallteile in die Lackierhalle. Dort erfolgt zuerst die Vorbehandlung.
Eiskalt reinigen
Bereits hier greift die erste Innovation: Üblicherweise werden Metallteile vor dem Lackieren mit einem hochkonzentrierten Lösungsmittel gewaschen, um Zunder und Fettrückstände zu beseitigen, die den späteren Lackauftrag beeinträchtigen könnten. Bei WSM geht man einen anderen Weg: „Nach intensiven Tests mit Biomaterial und Dampfstrahlen haben wir uns für ein Trockeneisverfahren entschieden“, erklärt Produktionsleiter Hartmut Meyer. Dabei werden minus 76 Grad kalte Eispartikel mit hohem Druck auf das zu reinigende Metall aufgespritzt. Anhaftende Verunreinigungen verspröden sofort und werden durch den Druck abgetragen.
„Was übrigbleibt, ist nur der Schmutz an der Wand unserer Halle, den man natürlich regelmäßig beseitigen muss, aber es gibt weder belastetes Wasser, keine belastete Atmosphäre und keine belasteten Mitarbeiter“, so Meyer. Der mit der Sprühlanze hantierende Mitarbeiter braucht lediglich einen Gehörschutz. Das Trockeneis fällt als Recyclingprodukt in der chemischen Industrie an und wird nicht extra hergestellt. Alle zwei Tage wird eine neue Trockeneisbox benötigt.
Umweltfreundlich lackieren
Die Lackierhalle ist eine komplexe Anlage. Hier wird die Außenluft angesaugt, über einen Gas-Flächenbrenner vorgewärmt und anschließend mit einer genau bemessenen Strömungsgeschwindigkeit in die Halle eingeblasen. Damit Metall und Lack stets optimal miteinander reagieren, müssen die Temperatur und Luftfeuchtigkeit in der Halle exakt stimmen, das Gleiche gilt für die Temperatur des Bauteils, die mit einer Infrarotpistole schnell gemessen wird. Alle wichtigen Parameter werden dokumentiert und sind über Jahre rückverfolgbar.
Propeller an der Hallendecke drücken die warme Luft nach unten und erzeugen dabei eine Luftschleife, welche die am Hallenboden aufgestellte Konstruktionsteile trocken hält. Drei großflächige Absauganlagen befördern die Hallenluft wieder nach außen. „Positioniert man die zu lackierenden Bauteile vor den Absauganlagen, ergibt sich bereits ein sehr konzentrierte Verströmung des Sprühnebels der Lackpistole“, schildert Meyer.
Die Lackierung erfolgt in zwei Stufen: Zunächst wird eine Zweikomponenten-Grundierung aus einem Polyurethan-Lack aufgebracht, darauf folgt eine Deckbeschichtung, ebenfalls aus einem Zweikomponenten-Polyurethan-Lack. WSM verwendet wasserbasierte High Solid-Lacke, mit denen standardmäßig C3 m-Industriequalität erzielt wird. High-Solid steht für einen hohen Festkörperanteil von 75 Prozent und einen entsprechend geringen Lösemittelanteil. Der Vorteil: hohe Ergiebigkeit und geringe Emissionen von flüchtigen, organischen Verbindungen (VOC).
Ein elektrostatisches Verfahren optimiert den Lackauftrag nochmals. Hierfür wird der aufgesprühte Lack elektrisch negativ geladen, die zu lackierenden Bauteile sind per Anschluss an einen Nulleiter elektrisch geerdet und erhalten so eine positive Ladung. Farbpartikel und Bauteil ziehen einander an, und es entsteht ein sogenannter Umgriff: Der Sprühnebel aus der Pistole verteilt sich wie von selbst um die Metallrohre herum. So lassen sich mit nur zwei Arbeitsgängen gleich vier Seiten lackieren. Der Lack verteilt sich außerdem leichter in Öffnungen und in schwerzugänglichen Teilen. Gleichzeitig wird das sogenannte Overspray vermieden, bei dem Lack ungenutzt am Bauteil vorbeifliegt. Ergebnis: etwa 20 Prozent weniger Verlust.
Hinter dem Bauteil befinden sich die großen Einlässe der Absauganlage. Sie dienen zur Aufnahme und für den Abtransport der verbliebenen, lackhaltigen Luft. Diese strömt zunächst durch ein Filterpaket, in dem Partikel abgefangen werden, und wird anschließend noch in mehreren Stufen gereinigt. „Das Endergebnis ist ein Reinigungsgrad von ca. 98 Prozent, also fast reine Abluft“, sagt Meyer. Die Absauganlage erkennt den Zustand der Filterpakete und meldet automatisch, wenn eine Auswechslung erforderlich wird.
Schnell trocknen
Gleich neben dem Lackierbereich findet die Trocknung der Bauteile statt. Auch hier steckt Innovatives: Statt mit heißer Luft wird mit besonders leistungsfähigen Halogenstrahlern gearbeitet. Die sogenannte Strahlungstrocknung nutzt nicht die Hitze der Lampen, sondern die von ihnen abgegebene Strahlung. Das verwendete Strahlungsspektrum bewegt sich über den sichtbaren Bereich des Lichtes hinaus und reicht bis zum kurzwelligen Infrarot-Bereich. Für den Menschen ist diese kurzwellige Strahlung unschädlich. Die Strahlen dringen tief in die Werkstoffe ein, wo sie die Lackmoleküle zum Schwingen bringen und so zur Trocknung von innen herausführen. Dabei härten auch sehr dicke Lackschichten in der Tiefe vollkommen aus. Das Werkstück selbst wird kaum erwärmt, was im Endeffekt bei kürzerer Trocknungszeit Energie spart.
Eine gegenüber der Lichtquelle angebrachte Reflektorwand wirft die Strahlung zurück, wodurch eine gleichmäßige und umfassende Trocknung erreicht wird. In einer Stunde wird damit ein Ergebnis erzielt, wofür sonst fünf Stunden benötigt würden. Nach dieser Stunde kann der Decklack aufgebracht werden, und nach einer weiteren Stunde ist das Bauteil fertig zur Weitervearbeitung in der Montagehalle.
Lösungsmittel recyceln
Die im High-Solid-Lack enthaltenen organischen Lösungsmittel sind zu wertvoll, um sie als Sonderabfall zu entsorgen. Eine eigene Destillationsanlage holt sie deshalb aus der Abluft der Lackiererei und den lackführenden Leitungen wieder zurück und macht sie wiederverwendbar. Dies geschieht über Nacht, während die frisch lackierten Bauteile trocknen und auf ihre Weiterverarbeitung in der Montage warten.
Fertig in nur einem Tag
Von der Reinigung bis zur fertigen Lackierung wird bei WSM so nur etwa ein Arbeitstag benötigt. „Nach zwei Stunden kann man das lackierte Teil bereits anfassen, die chemische Durchhärtung erfolgt innerhalb mehrerer Tage“, erklärt Meyer, „die sichere Weiterbearbeitung kann bereits am darauffolgenden Tag erfolgen“.