Status quo E-Bike – Deutschland rüstet um
Das Fahrrad mit Zusatzantrieb als E-Rad oder E-Bike wird immer beliebter – ihre Marktentwicklung und die der Infrastruktur in den letzten fünf Jahren ist faktisch ein Musterbeispiel für den möglichen Siegeszug der Elektromobilität. Einerseits passt das ganz gut zur wachsenden Bedeutung des Fahrrads und befeuert diese mit. Andererseits muss man aber auch umdenken lernen.
Zahlenmäßig halten die E-Bikes, was Kanzlerin Merkel sich von der Elektro-Automobilität versprochen hat: 1 Million E-Autos sollen bis 2020 in Deutschland fahren, 2015 waren es, freundlich geschätzt, gerade 30.000. E-Bikes allerdings wurden allein im letzten Jahr über eine halbe Million Mal verkauft. Das sind etwa 12,5 Prozent aller neuen Räder – ohne jegliche Subventionierung der Branche. Dabei füllen E-Bikes eine offensichtliche Lücke der Individualmobilität, denn vielfach ersetzen sie nicht das Fahrrad, sondern den Zweitwagen.
Vorteile des Fahrrads mit Zusatzantrieb
Auffällig ist, dass das E-Rad in den letzten Jahren sein Reha-Image zunehmend ablegt. Natürlich nutzen auch Senioren die Räder gern, weil sie sich leichter fahren als unmotorisierte Räder. Doch das Durchschnittsalter von E-Bike-Käufern sinkt jährlich – immer mehr setzen sich auch Familien und Pendler darauf. Denn je nach Fahrstil kommt man mit ihnen entweder bei gleicher Anstrengung schneller an – oder bei gleicher Zeit ohne zu schwitzen. Unterdessen vergrößert sich der Aktionsradius von Alltagsradlern immens, nämlich um den Faktor 3, wie das Magazin ElektroBike berichtet. Ideal sind E-Bikes natürlich in bergigen Regionen – kein Wunder, dass sie in der Schweiz ganze 17 Prozent aller Räder ausmachen. Doch auch im hohen Norden sind sie beliebt, als einzig wirksame Antwort auf den ewigen Gegenwind.
Weiterdenken als nur „Fahrrad“
E-Bikes kosten etwa zweieinhalb Mal soviel wie ein vergleichbares Fahrrad. Ein taugliches Alltagsrad zum Beispiel ist nicht unter 600 Euro zu bekommen, ein E-Bike ab etwa 1.500 Euro. Allein der Akku schlägt mit 500 – 800 Euro zu Buche, weitere Bauteile sind der Motor selbst, die Bedieneinheit am Lenker und der alles verbindende Kabelbaum. Weiterhin sind stabilere Komponenten nötig, wie etwa hydraulische Bremsen. Wie jedes gute Rad sollte auch ein E-Bike einmal jährlich in die Werkstatt, Prüfen und eventuelles Reparieren der Elektronik kommen dann extra auf die Rechnung. E-Bikes sind auch schwerer. Beim Fahren merkt man davon zwar nichts – der Zugewinn an Kraft ist deutlich höher -, ein ebenerdiger Abstellplatz wie eine (Fahrrad-)Garage ist aber ratsam.
Verpönt sind E-Bikes noch oftmals unter Sportlern. Doch hier gilt, ähnlich wie beim Mehrgewicht: Der Spaß gewinnt! Wer sich einmal darauf einlässt, kommt von der Probefahrt garantiert mit einem Lächeln zurück.
Auswirkungen auf Branche und Infrastruktur
E-Bikes verändern die Radwelt nachhaltig: Aus Fahrradherstellern werden Fahrzeughersteller; die Firmen haben mit neuen Techniken und auch anderen Finanzvolumina zu tun. Wichtiger für die Allgemeinheit sind aber die Veränderungen im Stadtbild und der individuellen Wahrnehmung der Verkehrsteilnehmer. Denn als E-Rad-Fahrer ist man nicht nur teils schneller unterwegs als Radfahrer, sie sind oftmals zusätzlich zu den Radfahrern auf der Straße, denn sie motivieren Auto- und ÖPNV-Nutzer zum Umstieg auf zwei Räder. Ihre steigende Zahl steht also ganz direkt für das Wachstum des Radverkehrs insgesamt. Das ruft stark nach Änderungen der Grundvoraussetzung, sprich der Infrastruktur.